Der Landwirtschaftssektor im nunmehr von Brüssel unabhängigen Vereinigten Königreich macht einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit: Ein neues Modell unter der Bezeichnung Global Farm Metric soll zum Standard für die Bepreisung der wahren Kosten in der Nahrungsmittelproduktion werden, unterstützt vom Bauernverband National Farmers Union, dem britischen Landwirtschaftsministerium und vier großen Supermarktketten.
Das neue Berechnungsmodell ist eng an die Nachhaltigkeitsblume von Eosta angelehnt, denn beide Systeme gehen auf einen internationalen Kooperationsverband von Bio-Betrieben zurück. Das Besondere am britischen Vorstoß ist, dass dieses Modell auch von konventionellen Landwirtschaftsorganisationen und Handelsketten getragen wird. Prinz Charles bezeichnete Global Farm Metric im Radio der BBC als wirksames Instrument zum Einsatz der Marktkräfte für mehr Nachhaltigkeit.
„Nur wenn wir uns auf die Kräfte des Marktes stützen, um klimaneutral zu werden und den Verlust der Biodiversität umzukehren, können wir die ökologische Katastrophe abwenden", sagte Prinz Charles in einer Rede zur Vorstellung von Global Farm Metric. „Dazu müssen wir die Auswirkungen der Landnutzung und Nahrungsmittelproduktion auf den Planeten ermitteln können. Global Farm Metric ermöglicht die integrale Messung, die wir dafür benötigen." Der Sustainable Food Trust stellte das Berechnungsmodell am 29. April in einer TEDx-Sendung („Measuring Sustainability") zusammen mit dem Prinzen von Wales und führenden Vertretern aus der britischen Landwirtschaft und dem Einzelhandel vor.
Nachhaltigkeitsblume als Grundlage
Global Farm Metric ist eine Variante der Nachhaltigkeitsblume, die 2008/2009 vom Belbis Desert Club entwickelt wurde, einem internationalen Kooperationsverband von biologisch und biologisch-dynamisch wirtschaftenden Betrieben und Organisationen. In den Niederlanden verwendet Eosta die Nachhaltigkeitsblume, in Ägypten arbeitet SEKEM mit dem Modell, genauso wie Soil & More Impacts und die Biolebensmittelkette Alnatura in Deutschland. Der Gründer des Sustainable Food Trust, Patrick Holden, war als Präsident der British Soil Association eng an der Entwicklung der Nachhaltigkeitsblume beteiligt.
Unterstützung auch aus konventioneller Ecke
Der britische Bauernverband National Farmers Union und die Supermarktkette Morrisons haben Global Farm Metric ebenfalls begrüßt. Während der TEDx-Präsentation betonte David Potts, CEO von Morrisons: „Unsere Kunden beklagen die bisher fehlende Möglichkeit einer gut informierten, nachhaltigen Verbraucherentscheidung. Das Global-Farm-Metric-Modell kann dabei helfen." Um seine Nachhaltigkeitsziele zu konkretisieren, kündigte Morrisons kürzlich an, bis 2030 alle britischen Agrarerzeugnisse klimaneutral produzieren lassen zu wollen.
Minette Batters, Präsidentin der National Farmers Unions, bekräftigte: „Für uns ist es von großem Wert, gemeinsam mit verschiedenen Sektoren an diesem integralen Nachhaltigkeitsmodell zu arbeiten. Landwirte können Teil der Lösung sein, müssen aber den Nachweis über die Auswirkungen ihrer Aktivität selbst in der Hand haben. So können wir Dinge gezielt verändern und weltweit führend bleiben."
„Unerwarteter Segen"
Eosta-Geschäftsführer Volkert Engelsman gratuliert Patrick Holden und dem Sustainable Food Trust zu diesem Durchbruch. „Der Brexit hat sich für den britischen Landwirtschafts- und Nahrungsmittelsektor als unerwarteter Segen erwiesen. Befreit von der europäischen Düngemittel-, Kraftfutter- und Pestizidlobby in Brüssel gehen die britischen Landwirte mit einem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsmodell voran, das seine Wurzeln in den Ansätzen der biologisch-dynamischen Landwirtschaft hat. Es sieht ganz danach aus, dass die Nachhaltigkeitsblume, mit der wir bei Eosta schon seit 2009 arbeiten, die Welt erobern wird."
Orientierungshilfe für Einzelhandel, Behörden und Verbraucher
Die praktische Umsetzung im Vereinigten Königreich folgt dem Verfahren, nach dem Eosta seit Jahren mit seinen biologischen Erzeugern vorgeht. „Jeder Hof soll einem jährlichen Nachhaltigkeitsaudit unterzogen werden", erklärte Patrick Holden im BBC-Radio. „Dabei werden Aspekte wie Bodengesundheit, Wasserqualität, Treibhausgasemissionen, Biodiversität und gesellschaftliche Effekte gemessen und zu einem Score kombiniert. Supermärkte und Handelsketten können ihre Einkaufspolitik an diesem Score ausrichten, Behörden können bei der Gestaltung internationaler Handelsverträge darauf zurückgreifen. Darüber hinaus bekommen Verbraucher die Möglichkeit, eine nachhaltige Kaufentscheidung zu treffen."
Belohnung für nachhaltiges Wirtschaften
Gerade auch für die Bauern bietet das Modell neue Möglichkeiten. Patrick Holden: „Die Stärke des Modells liegt darin, dass Landwirte für die Verbesserung ihrer Böden, die Reduzierung ihrer Klimaauswirkungen oder die Erhöhung der Biodiversität in ihrem Betrieb belohnt werden können." Das Modell wurde bei verschiedenen britischen Landwirten in Zusammenarbeit mit der NFU getestet und soll sich nach der Vorstellung des Sustainable Food Trust als internationaler Standard etablieren. „Wir sind überzeugt, dass wir uns auf einen Standard einigen können, der für Landwirte weltweit ein brauchbares Instrument darstellt."
Global Farm Metric und die Nachhaltigkeitsblume
Beide Modelle, Global Farm Metric und die Nachhaltigkeitsblume, bestimmen abseits von kurzfristigem Gewinnstreben die Auswirkungen der Nahrungsmittelproduktion auf Mensch und Umwelt. Die Ökologie umfasst Boden (einschließlich Bodenschätze), Biodiversität (Flora und Fauna), Wasser und Klima (einschließlich Energieerzeugung). Die menschlichen Aspekte bestehen aus individueller Entwicklung (Freiheit schaffend), sozialer Entwicklung (Gleichheit schaffend) und wirtschaftlicher Entwicklung (Solidarität schaffend).
In finanzieller Hinsicht geht es um die Auswirkungen auf vier Kapitalsorten: das ökologische Kapital, das menschliche Kapital, das soziale Kapital und das ökonomische Kapital. Durch True Cost Accounting lassen sich die Auswirkungen in konkreten Beträgen ausdrücken. Die Unterschiede zwischen der Nachhaltigkeitsblume von Eosta (7 Blütenblätter) und Global Farm Metric (12 Segmente) liegen im Detail, wobei bestimmte Aspekte wie Biodiversität und Klima/Energie im britischen Modell weiter aufgefächert sind.
Weitere Informationen:
www.eosta.com