"Inwieweit läuft Convenience in anderen Ländern besser (als in Deutschland) und warum?" Dieser Frage widmete sich Wilco van den Berg, Marktanalyst beim niederländischen Dachverband GroentenFruit Huis, auf dem European Convenience Forum. Als Teilantwort sieht van den Berg hierbei die besondere Handelsrolle der Niederlande: So bezog das Land im Jahr 2021 Importe aus 120 Ländern im Wert von 9,2 Mrd. Euro, zu denen die drei größten Herkunftsländer Spanien, Peru und Südafrika zählen. "Die Einfuhren aus Peru haben sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt, mit den Top-3-Produkten Avocados, Heidelbeeren und Mangos", so van den Berg.
Wilco van den Berg
40% der niederländischen Produktion wird nach Deutschland exportiert
"Für unsere eigene Produktion werden etwa 4 Mrd. Euro aufgewendet. Exportiert werden wiederum Waren mit einem Wert von 13,1 Mrd. Euro in 145 Ländern. Vor allem spielen Re-Exporte aus den Niederlanden hierbei eine größere Rolle. Fast 40% davon wird an Deutschland verkauft, gefolgt von Belgien und Großbritannien. Seit dem Brexit ist der Umsatz in GB aber leicht eingebrochen", fasst der Marktanalyst zusammen.
Beim Verkauf aus den Niederlanden nach Deutschland wird das komplette Sortiment exportiert, wozu auch Re-Exportprodukte kombiniert mit niederländischen Produkten gehören. "Im Frischebereich sind Tomaten in beiden Ländern auf Platz 1, während Zwiebeln, Möhren, Gurken und Paprika sich unter den Top 5 der beliebtesten Produkte befinden."
Merkliche Unterschiede gäbe es derweil auf den unteren Rängen: So sind auf den Plätzen 6-10 jeweils Fresh-Cut, Brokkoli, Endivien und Champignons verteilt, während sich auf denselben Plätzen in Deutschland Eisbergsalat, Zucchini, Champignons, Spargel und Blumenkohl befinden. Unterschiede sind beim Obst wiederum weniger ausgeprägt. Die Top 3, wenn auch in unterschiedlicher Platzierung sind Äpfel, Bananen und Orangen. Während auf Platz 9 und 10 in den Niederlanden Kiwi und Mangos liegen, stehen in Deutschland Zitronen und Ananas auf den entsprechenden Plätzen. "Blaubeeren sind zwar nicht unter den Top 10, aber die Ausgaben steigen mehr und mehr in beiden Ländern."
Große Beliebtheit bei Frischepaketen und Kochboxen in den Niederlanden
Der große Unterschied zwischen den beiden Ländern liege darin, dass in den Niederlanden Frischepakete und Kochboxen sehr beliebt seien, was in Deutschland allerdings nicht der Fall ist. Van den Berg: "Verbraucher in den Niederlanden suchen gezielt nach Convenience-Waren. Der größte Anteil liegt darin, dass man zu Hause kocht. Dazu unterscheide man unter anderem zwischen Convenience 1.0 und Convenience 2.0. Mit Ersterem werden Komplettmahlzeiten bezeichnet, die aber nicht mehr so beliebt sind wie früher. Convenience 2.0 erfährt das meiste Umsatzwachstum in den letzten Jahren, wozu Frischepakete zählen, mit einem Anstieg von 23%."
Die Gesamtausgaben für den Verbrauch von Frischpaketen seien im Jahr 2021 in den Niederlanden genauso hoch wie für Gurken mit einem Umsatz 100 Mio. Euro. Ausgaben für Frischpakete in den Supermärkten haben sich von 2017 bis 2021 insgesamt vervierfacht. "Besonders beliebt sind Frischpakete bei Familien mit Kindern und bei Zwei-Personen-Haushalten. Kochboxen, wie sie HelloFresh anbietet, werden zwar nur von sechs Prozent der Haushalte gekauft, diese kaufen die Boxen allerdings bis zu 13 Mal pro Jahr."
Fresh-Cut-Bereich in Deutschland: 90% Salate
Der Anteil von Fresh-Cut-Gemüse an den Gesamtausgaben liegt in den Niederlanden bei 36%, während derselbe Teil in Deutschland gerade mal bei etwa 4% liegt. 99% aller Haushalte kaufen Fresh-Cut-Gemüsen in den Niederlanden, in Deutschland etwa 52%. "Der Anteil an Fresh-Cut-Gemüse nimmt in den Niederlanden weiterhin zu. Im Jahre 2013 waren es noch 33% und 2021 nun 35%. Der Anteil an Kochgemüse besteht bei 40%, Wok-Gemüse bei 20% und Fresh-Cut-Salate bei 15%. In Deutschland bestehen 90% der Fresh-Cut-Produkte aus Salaten."
Mehr geschnittene als ungeschnitten Ware verkauft
In den Niederlanden werde zunehmend mehr geschnittene Ware als ungeschnittene Ware gekauft. Der Anteil von Fresh-Cut-Obst sei aber noch gering. Die Trends in Großbritannien seien dahingehend vergleichbar. So sind die Ausgaben für Fresh-Cut-Gemüse von 2020 auf 2021 um 38% gestiegen, während Ausgaben für ungeschnittenes Gemüse um 25% gestiegen seien.
Die Gründe, weshalb in Deutschland weiterhin nahezu ausschließlich auf Frischgemüse zurückgegriffen werde, sieht van den Berg - mit Bezug auf eine Studie, die Jochem Wolthuis in Kooperation mit der AMI in Auftrag gab - in dem fehlenden Vertrauen in die Sicherheit von Fresh-Cut- bzw. Convenience-Produkten. Zudem plagten einige das 'schlechte Gewissen', weil sie sich 'faul' fühlten. "Was in den Niederlanden im Convenience-Sektor im Gegensatz zu Deutschland besser funktioniert, ist die Kommunikation bzw. die Vermittlung von diesen Produkten", so van den Berg abschließend.
Weitere Informationen:
Wilco van den Berg
GroentenFruit Huis
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