Die Obst- und Gemüse-Absatzgenossenschaft Nordbaden eG (OGA) und die an sie angeschlossene Vertriebsorganisation OGV in Bruchsal und Heidelberg bieten auf einer Gesamtfläche von 60.000 m2 eine große Bandbreite an Obst und Gemüse an, das in ganz Deutschland und im angrenzenden Ausland vermarktet wird. Zu den Topprodukten des Unternehmens zählen Spargel, Erdbeeren und Beerenobst, Zuckermais sowie Zwetschgen und Pflaumen. Mit Geschäftsführer Hans Lehar sprachen wir bei einer Führung durch die Hallen des Unternehmens über die Entwicklung dieser Produktsegmente, die zu 70-80 Prozent an den Lebensmitteleinzelhandel verkauft werden.
Hans Lehar auf dem Betriebsgelände der OGA/OGV in Bruchsal
Erfolgreiche Entwicklung beim Beerenobst
Spargel und Zuckermais sind die umsatzstärksten Produkte des Unternehmens. Jedoch erlebte in den letzten Jahren auch der Bereich Beerenobst eine erfreuliche Entwicklung. "Die Erdbeersaison ist bei uns schon zu Ende. Bei Johannisbeeren, Brombeeren, Himbeeren, Stachelbeeren und Heidelbeeren ist die Saison noch in Gang. Die gesamte Palette an Beerenobst hat sich in den letzten Jahren sehr stark entwickelt. Bei vielen Kunden vermarkten wir die Beeren über Eigenmarken des LEH. Dieses Jahr gibt es aufgrund der trockenen Witterung bei fast allen Kulturen sehr gute und stabile Qualitäten. Durch gute Erntemengen in ganz Deutschland standen die Preise entsprechend unter Druck", weiß Lehar.
Bei allen Produkten seien keine höheren Preise im Vergleich zum Vorjahr festzustellen, so Lehar. "Bei Himbeeren sind wir insbesondere mit der Ware von den Mitbewerbern aus Spanien, Portugal und Marokko konfrontiert. Durch wesentlich günstigere Produktionskosten in diesen Ländern können deutsche Betriebe mit deren Preise nicht mithalten". Äußerst unbefriedigend sei, dass in vielen Warenbereichen deutsche Produkte zum gleichen Preis wie ausländischen Herkünfte vermarktet werden sollen.
Bio-Anteil von acht bis zehn Prozent
"Den Erdbeer- und Spargelanbau wird es in Deutschland weiterhin geben. Durch die immer schwieriger werdenden Rahmenbedingungen erfolgt jedoch ein weiterer Rückgang der Produktion. Auch die Anzahl der Betriebe wird sich reduzieren", vermutet Lehar. Heidelbeeren, vorwiegend von der Sorte Duke, produziert das Unternehmen über Betriebe in Niedersachsen und einem Weiteren in Heidelberg. Auch nach Osteuropa bestehen gute Verbindungen zu Betrieben mit konventionellem und Bio-Aanbau.
"Unser Bio-Anteil liegt inzwischen bei acht bis zehn Prozent. Die letzten Jahre war die Tendenz steigend, aktuell aber stagniert dieses Segment, da auch bei Bio-Ware der Ukrainekrieg seine Spuren hinterlassen hat. Der Verbraucher spart bei Lebensmitteln und Obst und Gemüse hat sich eindeutig nicht als Preistreiber entwickelt. Manche Kunden führen zz. B. keine Bio-Erdbeeren im Sortiment, da in der Vergangenheit die Abschriften in den Filialen zu hoch waren. Diese Realität steht in krassem Gegensatz zum politischen Willen eines massiven Ausbaus der Bio-Produktion in Deutschland.
Kiwibeeren von Primland
"Seit 2017 haben wir eine Kooperation mit Primland, dem größten Kiwi-Vermarkter in Frankreich und Spezialisten bei Kiwibeeren. Wir sind deren logistische Plattform für die Belieferung des deutschen Marktes und übernehmen als Dienstleistung die Lagerung und Aufbereitung für deutsche LEH-Kunden. Die Saison startet gegen Mitte/Ende August und läuft bis Oktober. Aufgrund der extremen Frostanfälligkeit glaube ich nicht, dass die Produktion von Kiwibeeren in Deutschland eine große Zukunft haben wird."
50 Prozent des Gesamtumsatzes mit Spargel
Spargel macht etwa 50 Prozent des Gesamtumsatzes der OGA/OGV aus, der innerhalb der Saison erzielt wird. Lehar: "Die Witterung war optimal für das Wachstum. Deshalb gab es bundesweit viel Ware, die leider auf eine ungewöhnlich geringe Nachfrage traf. Nach starken Preiseinbrüchen haben viele Betriebe bundesweit frühzeitig 30-50 % ihrer Flächen aus der Produktion genommen. Das war ein einmaliger Vorgang, den ich in dieser Form noch nicht erlebt habe."
Abnehmer sind seit jeher die Großmärkte und der Fachhandel. Auch die Gastronomie kehrte in diesem Jahr wieder als Abnehmer von geschälter Ware zurück. "Der Großteil wird aber über den LEH vermarktet. Zum Start der Saison ist der Preis sehr hoch gewesen und innerhalb von kurzer Zeit stark gesunken – dies ist nicht ungewöhnlich. Das Hauptproblem war schlichtweg die Kaufzurückhaltung der Verbraucher, was sich auch in der Direktvermarktung bemerkbar gemacht hat", blickt Lehar zurück.
Spargel-Saison vielerorts frühzeitig beendet
Der Bleichspargel sei vom Volumen her stärker betroffen gewesen als Grünspargel, jedoch war die Situation für beide Produktbereiche nicht befriedigend. Alternative Absatzkanäle wie zum Beispiel die Verarbeitungsindustrie seien kein Thema. Die Konservenindustrie und der Tiefkühlbereich werden überwiegend mit preisgünstiger Ware aus China, Taiwan und Peru beliefert. "Für den deutschen Spargel ist und bleibt das frische Produkt der wichtigste Absatzkanal – über den LEH, den Fachhandel, die Direktvermarktung und die Gastronomie.
"Alle wissen, dass es seit Jahren ein Überangebot an Spargel gibt. Trotzdem hat sich in der Produktion zu wenig verändert. Ich denke, dass es nach diesem Jahr bundesweit einen gravierenden Umbruch in der Spargelproduktion Deutschlands geben wird. Das heißt, dass Betriebe ihre Produktion massiv zurückfahren oder ganz aufgeben. Der Kostendruck auf die Betriebe ist aufgrund extrem gestiegener Kosten in allen Bereichen so hoch, dass nur entsprechend höhere Erlöse diesen Prozess aufhalten können. Und diese Entwicklung sehe ich im Moment leider noch nicht. Erdbeeren werden bei uns mittlerweile bis zu 50 Prozent im Tunnel angebaut. Große Freilandbetriebe gibt es nicht mehr viele. Man versucht, möglichst früh auf dem Markt zu sein und möglichst später noch liefern zu können – sofern es die Preis- und Nachfragesituation erlauben“.
Schwierige Zuckermaissaison aufgrund der Trockenheit
Das zweitwichtigste Produkt des Unternehmens ist der Zuckermais. Die Trockenheit beeinflusst in diesem Jahr das Importgeschäft und auch die deutsche Produktion massiv. "Normalerweise vermarkten wir Zuckermais bis Ende Oktober. Wenn weiterhin das Wasser fehlt, erwartet uns auch hier ein frühzeitiger Ernteabbruch", sagt Lehar abschließend.
Im zweiten Teil des Interviews sprach Hans Lehar mit uns unter anderem über Zwetschengenimporte aus Osteuropa und Aktivitäten beim Klimaschutz bzw. die nachhaltige Unternehmensausrichtung. Dieser Teil erscheint in den kommenden Tagen.
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Hans Lehar
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