Nach den zwei recht profitablen Coronajahren blickten die deutschen Spargelerzeuger euphorisch auf das Jahr 2022. Infolge des Krieges setzte eine Kaufzurückhaltung ein, die sich auch über mehrere Spargel- und Erdbeerkulturen fortsetzte, so Fred Eickhorst, Geschäftsführer der Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer e.V. Zusammen mit ihm und Frank Saalfeld, dem Geschäftsführer des Netzwerks der Spargel- und Beerenverbände e.V., sprachen wir über die letzte sowie die kommende Spargelsaison.
Fred Eickhorst und Frank Saalfeld auf der expoSE 2022
Ausgeglichene Spargel- und schlechte Erdbeersaison
"Die Spargelbetriebe im Süden kannten solche Probleme wie in 2022 bislang nicht. Sie waren zum Saisonstart stets mit hohen Preisen verwöhnt, während man im Norden ständig mit den Preisen zu kämpfen hatte. Die Kaufzurückhaltung zeichnete sich in diesem Jahr aber auch im Süden deutlich ab", so Eickhorst. "Es stimmt, dass die Erzeuger mit deutlich höheren Kosten konfrontiert waren. Jedoch ist es nie in der Form eingetreten, wie es von uns zeitweise kommuniziert wurde; die Argumentation nach außen hin war schlichtweg falsch."
Schließlich hätte sich die Situation Eickhorst zufolge auch noch deutlich schlimmer entwickeln können. "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Die Spargelbauern sind bundesweit gut zurechtgekommen. Die Erdbeererzeuger, vor allem vom Süden bis zur Mitte Deutschlands, hatten eine sehr schlechte Saison. Norddeutsche Erdbeerbetriebe etwa von Süd-Oldenburg aufwärts hatten wiederum ein gutes Jahr hinter sich", so Eickhorst.
"Globale" Sprachregelung in der Kommunikation
Eine Lehre, die man aus diesem Jahr ziehen könne, sei, die Kommunikation nach außen anzupassen, so Saalfeld: "Die Spargel- und Erdbeerbranche muss eine einheitliche, sozusagen eine globale Sprachregelung finden. Diskussionen um Preise, die von der einen Region in die nächste getragen werden und letztendlich dazu führen, dass man diese gegeneinander ausspielt, sollten der Vergangenheit angehören. Das ist einfach nicht mehr zielführend. Die Regionalität und Nationalität der Produkte sollten im Vordergrund stehen, genauso wie die Sicherheit des Produkts. Der ökologische Vorteil, den regionale Produkte ausmachen, sollte ebenfalls stärker hervorgehoben werden.", so Saalfeld.
Uneinigkeit beim Thema Marketing
"Ich stimme mit Herrn Saalfeld überein. Wir müssen ein einheitliches Wording festlegen, damit die Regionen sich nicht gegenseitig ausbooten. Die Diskussion zum Thema Marketing führen wir aber auch schon seit 15 Jahren und sind nie wirklich auf den gleichen Nenner gekommen. Worauf wir auch nie auf einen grünen Zweig gekommen sind, ist bei der Frage, wann die Saison jetzt eigentlich genau starten soll. Das muss aber gar nicht unser Thema sein. Viel wichtiger ist, dass wir nach außen einheitlicher reagieren", so Eickhorst.
Besonderheit des deutschen Bleichspargels
Saalfeld findet, dass der Bleichspargel ein Gemüse sei, das es in dieser Form im Grunde genommen nur in Deutschland gäbe. "Natürlich gibt es auch in den Niederlanden, in der Schweiz und in Österreich geringe Mengen. Frankreich kann zwar auch auf größere Mengen zurückgreifen, wobei das auch primär das Elsass betrifft. Ansonsten handelt es sich bei dem Bleichspargel, der in anderen Ländern produziert wird, meistens um Exportware, die im eigenen Land kaum vermarktet wird."
Anbauflächen für Spargel seit fünf Jahren gesättigt
Eickhorst zufolge war vor zehn, wenn nicht sogar vor zwanzig Jahren bereits abzusehen, dass die Produktionsflächen für Spargel ab einem gewissen Zeitpunkt gesättigt sein dürften. "2017/2018 haben wir diese Sättigungsgrenze erreicht, 2018 kam dann auch noch die schmerzliche Verbindung mit dem Wetter hinzu. Davor ging es 30 Jahre lang nur bergauf, was sowohl die Produktionsflächen als auch die Produktionsmengen betrifft."
Nun verspüre man in der Branche aber zunehmend den Druck aus dem Ausland. "Seit fünf Jahren gibt es hinsichtlich der Anbaufläche eine Seitwärtsbewegung. Was 2023 passieren wird, ist noch nicht abzusehen. Ob wir Marktanteile an die ausländische Konkurrenz verlieren, ist fraglich." Letzten Endes hinge das von vielen Faktoren, wie etwa der Konkurrenzfähigkeit zu den europäischen Nachbarn durch die Mindestlohnerhöhung auf 12,00 Euro und anderem ab.
Verschiebungen in Europa
"In Griechenland wurde in diesem Jahr auch wieder Bleichspargel gepflanzt", sagt Eickhorst. "Dort weiß man natürlich auch, dass sich die Lohnkosten bei uns erhöht haben und Spargel für 2,50 Euro im Discounter von uns nicht mehr produziert werden kann. Allerdings hat es sicherlich auch im europäischen Ausland einige Verschiebungen gegeben. Die spannende Frage ist, wie wir künftig damit umgehen und ob am Ende doch nur wieder der Preis entscheidet. Daher sind wir dabei eine neue Imagekampagne für deutschen Spargel und deutsches Beerenobst auf den Weg zu bringen. Immerhin ist es schon fünf vor 12, wenn nicht sogar schon fünf nach 12“, vermutet Eickhorst.
In Polen werde zwar auch Bleichspargel angebaut und vor Ort vermarktet. Allerdings sei die Akzeptanz dort relativ gering, so Saalfeld. "In den Großstädten Polens findet zwar schon ein höherer Absatz statt und auch in Regionen, die näher an Deutschland liegen. Aber in der Regel findet man kaum Konkurrenz in Richtung Konsum außerhalb der DACH-Region, abgesehen von geringen Mengen in den Niederlanden und im südlichen Dänemark."
Sortenentwicklung beim Spargel
Um die Erntekosten möglichst gering zu halten bemühe sich die Branche darum Sorten zu finden, mit denen sich eben diese Kosten möglichst geringhalten lassen. "Der Anbau scheint sich den dickeren Stangengewichten zu widmen, sodass Spargelsorten wie Backlim dicht gepflanzt wird, um zudem gleichbleibende verkaufsfähige Stangen zu produzieren", so Eickhorst.
Saalfeld sehe zudem, dass Großbetriebe sich an Sorten orientieren, die maschinell geerntet werden können. "Gleichzeitig dürfen sie auch nicht zu krumm und nicht zu breit sein. Wenn man diese Diskussion zusammen mit dem gestiegenen Mindestlohn im Hinterkopf behält, so muss die Tendenz in Richtung derjenigen Sorten gehen, die man besser und effektiver ernten kann. Im Norden werden dank der leichten Böden auch seit längerem Erntemaschinen eingesetzt."
Ferner beobachte er beim Spargel, dass die hierzulande reduzierten Flächen auch relativ schnell im Ausland aufgebaut werden können. "Der Lebensmitteleinzelhandel wird auch alles dafür tun, dass das passiert. Denn je mehr Flächen im Ausland an- und ausgebaut werden, und in der Summe noch billiger, noch mehr produziert werden kann, dann liegt genau hier unsere größte Konkurrenz. Daher müssen wir unser Augenmerk auf die Regionalität und Nationalität unserer Produkte legen."
Dieser Artikel ist zuvor bereits in der Spezialausgabe unseres Printmagazins Primeur anlässlich der Fruit Logistica 2023 erschienen.
Weitere Informationen:
Frank Saalfeld
Netzwerk der Spargel- und Erdbeerverbände e.V.
Ropenstall 83a
51377 Leverkusen
E-Mail: [email protected]
Webseite: https://netzwerk-spargelbeeren.de
Fred Eickhorst
Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer e.V.
Steinstraße 14
26209 Sandhatten
E-Mail: [email protected]
Webseite: https://www.spargelundbeerenanbauer.de