Die Energiekrise hat den deutschen Gartenbau vor große Herausforderungen gestellt. Obwohl die befürchtete Katastrophe ausblieb, beschäftigen sich aktuell immer noch viele Betriebe mit ihrer Energieversorgung und Energieeffizienz. Aus Gründen der Nachhaltigkeit, aber auch für mehr Sicherheit bei der Produktion.
Viele Betriebe prüften und planten im Krisenjahr 2022 neue Wege in Sachen Energie. Doch die hohen Anschaffungskosten, bestehende Beschaffungsengpässe und die Handwerkerknappheit setzten Grenzen und tun dies weiterhin. „Es muss neu gerechnet werden“, fordert Thomas Koch, Vorsitzender des ZVG-Ausschuss „Technik und Bauwesen“ im neuen ZVG-Jahresbericht. Koch bezieht sich damit auf Maßnahmen wie Agri-PV, Kleinwindanlagen und Oberflächengeothermie. Denn der Transformationsprozess habe „deutlich an Geschwindigkeit zugenommen“.
Dabei beschäftigt den Gartenbau nicht nur die Kostenseite. Im Gegensatz zu früheren Energiekrisen führte der Krieg in der Ukraine auch zu Sorgen um die zuverlässige Verfügbarkeit von Energie. Schließlich ist der Gartenbau besonders abhängig von Gas. Laut einer Studie des ZVG nutzen derzeit gut 50 Prozent der Betriebe Gas, wobei der Unterglasanbau natürlich besonders betroffen ist. Spätestens im Sommer beschäftigten sich daher viele Betriebe mit einer möglichen Kappung der Gasversorgung – und manche, angesichts der Preisentwicklung, auch mit einer geplanten Stilllegung ihrer Produktion.
„Prävention ist nie unnötig“
Dies rief schon früh das Technikteam der Gartenbau-Versicherung auf den Plan. In einem „Beitrag zur Betriebssicherheit“ erhielten Mitgliedsbetriebe Informationen und Checklisten, die eine Grundlage für entsprechende Entscheidungen bieten sollten. Denn ein für den Warmhausbetrieb konzipiertes Gewächshaus darf nicht einfach ungeschützt Frost und Eis ausgesetzt werden. „Wir sind sehr froh, dass unsere Tipps in diesem Winter doch nur vereinzelt genutzt werden mussten. Prävention ist nie unnötig“, sagt Risikoberater Klaus Bingel, einer der Autoren des Beitrags, im Rückblick. Ein Grund hierfür waren die milden Temperaturen, aber auch die wirtschaftliche Lage im Gartenbau entspannte sich deutlich. Im November waren die Energiekosten auf dem niedrigsten Stand seit Jahresbeginn; gleichzeitig stieg die Stimmung im Gartenbau laut ZVG-Barometer auf das höchste Niveau des Jahres. Allerdings gibt es doch etliche Betriebe, die im Zuge der Krise ihre Kulturplanung verändert und den Produktionsbeginn verschoben hätten.
Zierpflanzenbetriebe stärker betroffen
Das bestätigt auch Bingels Kollege Christian Beutter aus dem nördlichen Baden-Württemberg. „Im Zierpflanzenbereich hatte die Krise größere Folgen als im Gemüsebau. Mehr Betriebe als zuvor gingen zum Kalthausbetrieb über, die meisten fangen etwas später an. Man geht eigentlich auch überall davon aus, dass die Gewinnspannen nun geringer werden. Aber das werden viele erst am Jahresende 2023 an den Roherträgen merken.“ Beutter beobachtet eine gewisse Anspannung beim Blick auf die Beet- und Balkonsaison, denn keiner könne vorhersagen, wie sich die Inflation auf die Konsumlaune und damit die Nachfrage nach Zierpflanzen auswirke. Auch wenn sich die Stimmung der Verbraucher aktuell zusehends aufhelle.
Planungsunsicherheit hemmt Investitionen
„Vor allem die fehlende Planungssicherheit macht den Betrieben zu schaffen“, sagt Frank Werner, Vorsitzender des Verbands der deutschen Zierpflanzengärtner und gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der Gartenbau-Versicherung. Er wünscht sich mehr Stabilität für die Betriebe, damit diese sich im neuen Jahr wieder intensiver ihrer Zukunft zuwenden können. „Die stärkere Fokussierung auf Nachhaltigkeit, darunter der Einsatz neuer Energien und die Umsetzung von Energiesparmaßnahmen, verlangen hohe Investitionen. Und dafür brauchen die Betriebe so viel Sicherheit wie möglich.“
Denn im Bereich Energie und Nachhaltigkeit geht es teilweise um hohe Summen – für Agri-PV-Anlagen, für herkömmliche PV-Anlagen auf Hallen oder nicht mehr genutzten Gewächshäusern, aber auch für eine bessere Wärmedämmung und energieeffizientere Schirmsysteme. Im Handumdrehen sind da sechsstellige Beträge erreicht, aber auch viele Millionen lassen sich problemlos ausgeben. So plant ein Mitgliedsbetrieb in Baden-Württemberg aktuell Windräder und Wärmepumpen für den eigenen Betrieb – 30 Millionen Euro könnten am Ende auf der Rechnung stehen.
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gartenbau-versicherung.de