Wie so ziemlich die gesamte Obst- und Gemüsebranche seien auch die Balkanländer von den negativen Auswirkungen des Krieges betroffen gewesen, teilt uns Anneliese Vollweiler, Geschäftsführerin der Anevo Trading GmbH, auf Anfrage mit: "2020 und 2021 kauften US-amerikanische und kanadische Firmen vor allem tiefgekühlte Beerenfrüchte und Steinobst, da die Dürre und verheerende Waldbrände viele Plantagen zerstörten, die Produktionsländer Chile und Mexiko jedoch keine wirklich guten Ernten hatten. Einkäufer aus den USA und Kanada kauften vorneweg in Serbien und Griechenland; aber auch die Ukraine exportierte in die USA und Kanada etwa 35.000 Tonnen Beerenfrüchte, vor allem Waldbeeren, zu höchsten Preisen.
Von links nach rechts: Vanja Konjevic, Anneliese Vollweiler und Adrianna Csordas
Preise im freien Fall
Dieser Trend setzte sich ihr zufolge 2022 fort. "Jedoch mit der geänderten geopolitischen Situation, die bewirkte, dass der Konsument in den Supermärkten diese Wahnsinnspreise nicht bezahlen wollte. Die Supermärkte und Zwischenhändler hatten extra hohe Margen auf die ohnehin schon hohen Grundpreise aufgeschlagen und auch die Transporteure witterten die Gunst der Stunde - und bis zum heutigen Tage wollen die Lebensmittelpreise nicht angepasst sinken. Da die Preise nun im freien Fall sind, ist es doppelt schwer, alle Beteiligten wieder auf ein normales Niveau zu bringen."
Sparen ist "hoch im Kurs"
"Die zurzeit unsichere politische Lage gemeinsam mit der Energiediskussion führt zu einer weiterhin bestehenden Angst bei den Konsumenten, sodass auch in Zukunft weniger konsumiert wird. Vor allem Aktionsware wird im Wocheneinkauf gekauft", konstatiert Vollweiler. "Sparen ist hoch im Kurs, auch hier auf dem Balkan, denn die Lebensmittelpreise sind teilweise höher als bei uns in Deutschland. Die steigenden Zinsen und der Rückgang der Realeinkommen verschlimmern die Lage und selbst wenn jetzt die Preise fallen , ist der Konsument übervorsichtig beim Einkaufen, hält sein Geld zusammen, bedingt auch durch die Inflation, die einen ständigen Wertverlust der Ersparnisse bedeutet. Leider müssen vor allem untere Gesellschaftsschichten diese Krise zum Großteil tragen und die Mittelschicht, die Stütze und Basis unserer Gesellschaft, wird immer kleiner."
Investiert werde vor allem in Wärmeaustauscher und Solartechnologie, während Kühlhäuser Finanzmittel von EU-Fonds nutzen würden, sodass bis zur Ernte viele Dächer mit Solarpaneelen bestückt sein werden. "Es gab späten Frost im April, aber der Januar und Februar waren sehr mild, sodass die Blütezeit der Steinfrüchte sehr früh begann und der Frost keine nennenswerten Schäden anrichtete. Wir hören, dass Ungarn und auch Österreich Frostschäden bei Aprikosen und Zwetschken zu verzeichnen haben. Generell gibt es bei den TK-Früchten noch immer Altbestände aus Ernte 2022, Himbeeren und Brombeeren vor allem. Die Verkaufspreise sind aber zu niedrig. Jetzt verkaufen zu müssen, tut allen richtig weh. Die Preise im Vorjahr waren viel zu hoch, weshalb sich das Einkaufsverhalten der Konsumenten geändert hat." Diese Preis-Oszillationen seien "ungesund für alle Beteiligten und triggern Spekulanten." Man bleibe aber weiterhin realistisch-optimistisch, zitiert Vollweiler einen Käufer.
Wasserversorgung in Balkanländern gesichert
Außerdem sehe sie ein ständig wachsendes Wasserproblem in Italien, Spanien und Frankreich. "Hier in den Balkanländern ist die Situation um vieles besser. Im Norden Serbiens, in der Wojwodina-Region ist das Grundwasser zwar etwas gefallen, es gibt vereinzelt Bewässerungsanlagen, leider aber zu wenig, die Abhilfe schaffen. Südlich von Belgrad, in der Sumadia-Region und den Regionen entlang der Flüsse Donau, Morawa und Drina gibt es genügend Wasser, sodass wir eine normale Ernte für 2023 erwarten. Brunnen werden gebohrt, um Tröpfchenbewässerungsanlagen in den Plantagen aufbauen zu können und Hagelnetze gibt es seit vier bis fünf Jahren ebenfalls."
Hohe Mietkosten
"Unser Team ist gut aufgestellt, alle Herausforderungen unserer Kunden anzunehmen und wenn möglich diese einkaufseitig umzusetzen. Das geht so weit, dass deutsche Supermärkte Geo-Koordinaten der Plantagen verlangen, exakte Hektarerträge, Umsätze der Obstbauern und Kühlhäuser wissen wollen. Aber für die Kosten der Energie, Düngung, Arbeitskräftemangel interessiert sich niemand. In Serbien wurden Feldarbeiter aus Ländern wie Bangladesch, Pakistan etc. eingeflogen, um die Ernte einbringen zu können. Bauarbeiter kommen zum Beispiel aus der Türkei. Es wird sehr viel gebaut, vor allem in den großen Städten, vorneweg in Belgrad, Novi Sad, Nis. Seit dem Krieg in der Ukraine leben sehr viele Russen in Serbien, die Wohnungen am laufenden Band kaufen und mieten - sodass sowohl die Verkaufs- als auch Mietpreise sehr stark gestiegen sind."
In diesem Jahr wolle das Unternehmen früh damit beginnen, alle Kühlhäuser mit den Plantagen und Obstbauern zu besuchen, Transporteure zu Gesprächen einzuladen, Verpackungsfirmen und Zollspeditionen anzurufen, "um alle wieder zur Einsicht zu bringen." Anevo Trading konnten ihr IFS-Zertifikat zum sechsten Mal erneuern und stehen kurz vor dem Zertifizierungsaudit Global GAP/CoC (Chain of Custody) als Broker.
Fotos: Anevo Trading GmbH
Weitere Informationen:
Anneliese Vollweiler
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