"Mit Beginn des Ukraine-Kriegs und des darauffolgenden Krisen-Domino-Effekts von Energiekrise, Inflationskrise etc. kam es zu Verunsicherungen in der Bevölkerung. Die Konsumzurückhaltung bzw. die häufigere Kaufentscheidung zu preisgünstigeren Produkten hat sich insbesondere zu Beginn des Jahres 2023 bemerkbar gemacht", sagt Charlotte Otte vom Obsthof Otte auf Anfrage. "Hinzu kam ein großes Apfelangebot auf dem deutschen und europäischen Markt durch sehr hohe Erntemengen, das zu sinkenden Preisen geführt hat bei steigenden Produktionskosten und Abschaffung früherer Unterstützung. Das ist kein guter Mix für die wirtschaftliche Stabilität von Betrieben."
Charlotte Otte. Foto: Obsthof Otte Vertrieb
Faire Preise für hohe Produktionsstandards
Ferner bräuchten die steigenden Produktionskosten und hohen Ansprüche an ökologische und soziale Standards, die für faire Lebensmittelproduktion in Deutschland stehen, faire Preise, so Otte. "Im Verlauf des Jahres hat sich die Nachfragesituation entspannt und die Menschen haben wieder verstärkt qualitätsvolle, nachhaltige und regionalen Produkte nachgefragt. Mit Blick auf den Klimawandel und die Erforderlichkeit von nachhaltiger Lebensmittelproduktion steigt der Trend zu ressourcenschonend produzierten, regionalem Obst. Es müssen jedoch auch die erforderlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um diese auch in Zukunft in Deutschland produzieren zu können." In den letzten Jahren wurden auf Ottes Hof einige Apfel- und Birnenanlagen, allen voran Bio-Apfelanlagen nach Naturlandrichtlinien, neu gepflanzt.
Stark gestiegene Produktionskosten, neue Sorten
"Die Produktionskosten sind nach wie vor auf hohem Niveau. In manchen Bereichen hatten sich Material- oder Energiekosten zum Teil verdoppelt. Einige sind davon wieder moderat gesunken, wir sind jedoch bei weitem nicht auf dem Niveau vor Beginn des Ukraine-Kriegs. Zudem haben sich die Personalkosten stark erhöht. Obstbau ist als Sonderkultur nach wie vor sehr handarbeitsintensiv und insofern personalkostenintensiv. Mit der Steigerung des Mindestlohns und des allgemeinen Lohnniveaus steigen die Produktionskosten daher beachtlich. Der Input wird immer höher. Das muss sich auch im Output wiederfinden", konstatiert die Obsterzeugerin. "Wir sind immer neugierig und experimentierfreudig und probieren daher immer neue Sorten aus. Unsere neuen Lieblinge unter den Äpfeln sind die Sorten Pia und Juicy, im Bio-Anbau die super leckere 'Freya'. Bei den Erdbeeren freuen wir uns jetzt schon auf die relativ neue Sorte Rosaria, die uns im Mai wieder die ersten Früchte schenken wird und bei uns im 3. Jahr im Anbau ist."
Mechanisierung und Digitalisierung für die Zukunft
Angesichts gegebener und künftiger Herausforderungen sieht sie Mechanisierung und Digitalisierung als wichtige Antworten. "Sie sind wichtig für die Zukunft des Obstbaus und werden bei uns mit voller Power vorangetrieben. Wir legen viel Wert auf Kulturpflegemaßnahmen. Beispielsweise beim Baumschnitt: jeder einzelne Baum wird individuell betrachtet und so geschnitten, dass er seine Potenziale optimal entfalten kann. Erstmals setzen wir nun auch ergänzend auf mechanischen Baumschnitt. Mechanisierung und Digitalisierung sind allerdings mit Investitionen verbunden, die zuverlässige Planbarkeit erfordern. Die politischen Rahmenbedingungen müssen auch in diesem Zusammenhang zuverlässigere Perspektiven schaffen."
Preisfokussierung schafft deutsche Landwirtschaft ab
Zudem hätten die Handelsstrategien der letzten Monate aggressive Preisaktionen und Discountpreise in den Vordergrund gerückt. "Einseitige Preisfokussierung wird dazu führen, dass die Lebensmittelproduktion ins Ausland verlagert und die deutsche Landwirtschaft abgeschafft wird. Die stetig steigenden Anforderungen sowie der Abbau früherer Unterstützungen, zum Beispiel Pauschalierung, Diesel- und Pkw-Steuer etc., zeigen - entgegen der Beteuerungen - die Geringschätzung der Politik für die deutsche Landwirtschaft und die heimische Lebensmittelproduktion", so Otte.
"Die derzeitigen politischen Entscheidungen führen zur Abschaffung der deutschen Landwirtschaft. Dabei sollten wir aus der Corona- und Ukraine-Krise gelernt haben, wie existenziell wichtig eine stabile Selbstversorgung - insbesondere mit Lebensmitteln - ist." Darüber hinaus führe die aktuelle Politik zu einer verminderten Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft. "Es ist entscheidend, dass hochwertig produzierte Lebensmittel auch als solche wertgeschätzt und vermarktet werden. Die hohen Anforderungen an die deutsche Produktion sind gut, aber sie müssen auch bezahlt werden. Für Handelsschienen, die nicht oder gerade einmal die Produktionskosten decken, werden wir nicht produzieren."
Discount-Strategien widersprechen Nachhaltigkeit
Der Handel spreche sich für Nachhaltigkeit und deutsche Produktion von Lebensmitteln aus. Zu beachten sei bei der Nachhaltigkeit jedoch, dass sie eine soziale, ökologische und wirtschaftliche Dimension beinhalte. "Die flächendeckende Orientierung an Discount-Strategien der Vollsortimenter steht dem konträr entgegen. Warum werden nach wie vor ausländische Produkte im Einzelhandel angeboten, wenn es auch genügend Ware aus heimischer Produktion auf dem Markt gibt, wie z. B. bei Äpfeln? Ist eine nachhaltige Erdbeerproduktion in Spanien oder Marokko überhaupt möglich? Mal abgesehen von den weiten Transportwegen, herrscht in südlichen Ländern Wassermangel und in Spanien wurden illegale Wasserressourcen aus Naturschutzgebieten, siehe: Doñana, zur Bewässerung von Erdbeeren genutzt", sagt Otte.
"Während die großen Lebensmitteleinzelhandelskonzerne stabile Wachstumstrends fortsetzen, schließen immer mehr landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland ihre Tore für immer. Wie passt das zusammen? Das ist auch wirtschaftlich nicht nachhaltig.
Wir produzieren Spitzenprodukte zu fairen Produktionsbedingungen für Mensch und Natur. Unser Ziel ist es, die Menschen vom Geschmack zu überzeugen, ihnen die Hintergründe des Obstanbaus und die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Vielfalt näherzubringen und sie für unsere Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Himbeeren und Zwetschgen zu begeistern."
Für die von ihr letztgenannten Produkte konnte der Obsthof ebenfalls eine gute Jahresentwicklung verzeichnen. "Jedoch führen Wetterextreme verstärkt zu Ausfällen. Beispielsweise haben Starkregen zwischenzeitlich zu Überschwemmungen auf den Erdbeerfeldern geführt, in benachbarten Regionen gab es große Hagelschäden und Ernteausfälle auch durch langanhaltende Regenperioden. Die Herausforderungen durch klimawandelbedingte Konsequenzen werden immer deutlicher spürbar", so Otte abschließend.
Weitere Informationen:
Charlotte Otte
Obsthof Otte Vertrieb
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