"Bio sind wir schon seit 1994, als wir uns für unseren neuen Betrieb mit ausschließlich Topfkräutern eine Nische auf dem Markt gesucht haben und Bio in dieser Größenordnung noch eher selten war. Aus diesem Grund sind wir schon fast ein Bio-Urgestein", beginnt Tanja Dworschak vom Bioland KräuterGut Dworschak-Fleischmann in Nürnberg. "Nachdem wir den Eat Healthy Award 2015 in der Kategorie Säfte und Smoothies mit unseren Powergräsern gewonnen hatten, kamen immer mehr Veganer zu uns auf den Betrieb - hauptsächlich wegen des vermeintlichen Vitamin-B12-Gehalts der Gerste."
"Nach vielen Gesprächen über das Thema vegan, mit dem ich mich bis dahin noch nie befasst hatte, machte ich mir Gedanken zum Pflanzendünger. Der war zu dem Zeitpunkt hauptsächlich tierischer Herkunft. Um ein ehrliches Produkt für diesen sich entwickelnden Ernährungsfokus zu produzieren, fingen wir an, mit veganen Düngern zu experimentieren. Das war am Anfang sehr spannend und oft nervenaufreibend, da er ganz anders reagiert und auch keinen Stickstoff-Depoteffekt wie z. B. Hornspäne hat."
240 Sorten
Das Unternehmen produziert insgesamt um die 240 Sorten bioveganer Kräuter. "Die Vielfalt stammt noch aus den Anfangszeiten, als wir als Einzige fast alle Bio-Großhändler deutschlandweit beliefert haben. Um die Frachten zu optimieren, mussten wir ein großes Sortiment bieten, denn der Absatz von sogenannten 'Schnelldrehern' wie z. B. Basilikum, Schnittlauch, Peterle und anderen Sorten war nicht so hoch und jeder Karton mehr auf der Palette hat die Frachtkosten pro Topf gesenkt. Heute kommen immer wieder trendige Sorten dazu, wie z. B. Käsekraut für Veganer, und manche fallen fast weg, wie z. B. Stevia, das Süßkraut. Wenn meine Mitarbeiter oder ich irgendwo etwas sehen, was entweder schön oder lecker ist, wird's ausprobiert", sagt Dworschak.
Diese große Auswahl an Kräutern muss wohlüberlegt und gut geplant sein. "Wir hatten jahrelang fast ganzjährig das breite Sortiment verfügbar. Jetzt haben wir vieles nur noch saisonal oder auf Anfrage. Waldmeister an Weihnachten? Das interessiert niemanden. Wir konzentrieren uns jetzt auf die Kräuter, die die Kundschaft möchte. Im neuen Betriebsteil haben wir die Kulturen zusammengefasst, die ähnliche Kulturdauern und -ansprüche haben, also das Basilikum, die italienischen Kräuter, sowie Dill und Koriander. Im kleinteiligeren Altbau haben wir jeweils eigene Häuser fürs glatte und fürs krause Peterle, die Minze und unsere Exoten, die wir selbst vermehren. So können wir optimal die Temperatur oder das Licht auf die jeweiligen Gegebenheiten und Bedürfnisse anpassen, ohne dass sich die anderen Kulturen daran stören."
Nachhaltigkeit als Anliegen des Bio-Anbaus
Und auch die Nachhaltigkeit wird laut Dworschak im Betrieb großgeschrieben. "Nachhaltigkeit war dem Bio-Anbau schon immer ein Anliegen. Wasserressourcen zu schonen und Flächenversiegelung zu vermeiden, gehören da voll dazu. Erschwerend war für uns auch, dass im Ballungsraum Nürnberg, Fürth und Erlangen Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft, Wohnbau, Naherholung und Flächenausgleich um jeden Quadratmeter kämpfen", gibt sie zu bedenken. "Es ist hier wahrscheinlicher, einen Sechser im Lotto zu tippen, als durch Flächenkauf seinen Betrieb arrondieren und vergrößern zu können. Darum wurde mein Vater damals kreativ und wir machten 2010 den 1. Doppelstockversuch in einem Abteil des alten, 3,20 m hohen Venlo-Gewächshauses. 2015 haben wir dann den Neubau auf 7.200 m² mit 13.000 m² Produktionsfläche gebaut."
"Wir dürfen uns hier nichts vormachen: deutsche Gewächshausproduktion ist energieintensiv", merkt sie an. "Aber schon zu Zeiten, als die Gaspreise noch günstig waren, haben wir großen Wert auf eine gute Dämmung der Außenhülle beim Doppelstock-Neubau gelegt. Tatsächlich wird durch die zweite Produktionsebene nicht nur Anbaufläche vergrößert, auch die vertikale thermische Ausnutzung ist besser. Auch der Lichtbedarf ist so optimal auf die Kulturführung abgestimmt: Die Sämlinge brauchen i. d. R. erst mal nur einen schwachen Lichtreiz und wandern erst nach Entwicklung der Laubblätter ins obere Stockwerk."
Gerade jetzt mit heißer werdenden Sommern mache sich das bezahlt. "Die zarten Sämlinge müssen nicht extra beschattet werden und die Töpfe trocknen dort weniger schnell aus.
Unter diesen Bedingungen ist die Kraft-Wärme-Kopplung unseres eigenen Kraftwerks noch sinnvoller eingesetzt. Wir müssen bei ganzjähriger Produktion – insbesondere in der dunklen Jahreszeit – künstlich belichten und haben beim wärmeliebenden Basilikum auch einen Heizbedarf, decken diesen aber zum großen Teil und sogar an kalten Wintertagen ohne zusätzlichen Energieeinsatz für den Heizkessel, sondern rein aus der Abwärme der Stromproduktion."
"Die Doppelstock-Produktion, wie wir sie für Bio-Topfkräuter seit bald zehn Jahren betreiben, ist in meinen Augen immer noch einmalig und nahezu das Optimale, was Nachhaltigkeit, Effizienz und Bio-Anspruch unter gegebenen Bedingungen angeht. Dennoch haben wir mittlerweile Erfahrungswerte mit dieser Produktion gesammelt und würden ein Gewächshaus mit dem heutigen Wissen möglicherweise anders, besser planen", sagt Dworschak. "Aber nachhaltige Investitionen in die Zukunft sind immer eine langfristige Sache. Was in Sachen Nachhaltigkeit vor zehn bis 15 Jahren Stand der Technik war, ist heute schon fast überholt. Andersherum waren andere, aus heutiger Sicht vielleicht bessere Technologien zum damaligen Planungszeitpunkt noch nicht ausgereift genug." Für dieses Jahr sei aber noch der Bau einer vorgelagerten Logistikhalle geplant, weil sie durch das gesteigerte Produktionsvolumen im Lager nun an Kapazitätsgrenzen gestoßen seien.
Am Puls der Zeit bleiben
"Ein wichtiges Anliegen ist für uns die weitere Reduktion von Torf im Topfsubstrat. Hier bleiben wir experimentierfreudig und sind Praxispartner der Forschung, um organische Torf-Austauschstoffe auf ihre Anwendbarkeit hin zu bewerten", so Dworschak, die auch das Thema Künstliche Intelligenz beschäftigt. "Ich setze sehr auf gärtnerisches Können und die Erfahrungen meiner Mitarbeiter, sehe aber mittel- bis langfristig auch klare Anwendungsszenarios für unsere Produktion, in der wir auf jeden Fall durch Algorithmen und bessere digitale Prozessüberwachung weitere Effizienz-Potenziale und Erleichterungen für den gegebenen Betrieb freischalten könnten."
"Was das Kräuterangebot angeht, bleibe ich am Puls der Zeit", sagt sie abschließend. "Wir sind neuen Trends aufgeschlossen und lassen uns immer wieder gerne auf Testballons für unsere Kunden ein, die wir bei entsprechendem Interesse und Erfolg auch unkompliziert hochskalieren können."
Bilder: Bioland KräuterGut
Weitere Informationen:
Tanja Dworschak
Bioland KräuterGut Dworschak-Fleischmann
Kraftshofer Hauptstraße 265
90427 Nürnberg / Kraftshof
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Web: www.kraeutergut.de