Mit einem gelungenen Weltrekord-Versuch und zahlreichen geladenen Gästen feierte der Fruchthof Berlin am 15.09. sein 75-jähriges Bestehen. Mit circa 100 Marktfirmen (davon rund 50 Fruchtgroßhändlern) und insgesamt 2.000 Mitarbeitern sowie einem jährlichen Warenumschlag um rund 220.000 Tonnen zählt der Fruchthof bereits seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Umschlagszentren für Obst und Gemüse in Deutschland sowie Zentraleuropa. Doch im hart umkämpften Marktgeschehen gilt es, sich stets neu zu erfinden und den Gegebenheiten anzupassen, betont Nils Doerwald, Vorstand der Verwaltungsgenossenschaft des Fruchthofs.
Um 16:28 Uhr war es soweit: "Frau Seyda Subasi-Gemici, offizielle Guinness-World-Records Rekordrichterin, hat uns und den circa 400 Freiwilligen attestiert, dass wir 'officially amazing' sind und zusammen den größten Obstsalat der Welt zubereitet haben. Der alte Weltrekord aus Frankreich wurde damit um knapp 1,5 Tonnen überboten", so Doerwald.
Von 1949 bis 1965 handelte die Genossenschaft zunächst vom Standort in Mariendorf. Seit dem Frühjahr 1965 befindet sich der Fruchthof Berlin auf dem Großmarktgelände in der Beusselstraße. Zu den wichtigsten Kundengruppen gehören seit den Anfangsjahren die Wochenmärkte und Fachhandelsgeschäfte, die bis heute dem Fruchthof treu sind. Ein größerer Umbruch innerhalb der Kundschaft vollzog sich in den 90er-Jahren, als der Lebensmitteleinzelhandel zunehmend damit begann, eigene Lieferstrukturen aufzubauen. "Das stellte einerseits viele Marktfirmen, die sich bis dahin auf den LEH spezialisiert hatten, vor große Herausforderungen und eröffnete andererseits anderen Unternehmen neue Chancen", so Doerwald. Heute zählt der Fruchthof unter anderem auch die Bereiche HoReCa und Gemeinschaftsverpflegung (Krankenhäuser, Altenheime, Schulverpflegung usw.) zu seinen Kunden. Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Fruchthofs war die Sanierung und grundlegende Modernisierung der zentralen Markthalle im Jahr 2008, von der der Fruchthof bis heute profitiert.
Trotz dauerhafter Vollauslastung sei immer eine 'gesunde, minimale Fluktuation' zu beobachten. "Leider verschwand im vergangenen Jahr das letzte verbliebene Gründungsmitglied der Genossenschaft. Gleichzeitig haben wir einen neuen Mieter für unsere Halle gewinnen können, der speziell auf das arabische Sortiment, darunter Nüsse, Trockenfrüchte, Getränke sowie Non-Food-Produkte spezialisiert ist. Durch den starken Zuwachs der arabischen Gemeinschaft in der Metropolregion Berlin-Brandenburg sehen wir eine rasch wachsende Nachfrage nach diesen Erzeugnissen, der wir nun auch entsprechend gerecht werden können. Das ist uns auch sehr wichtig: Denn der stetige Ausbau unserer Angebotsvielfalt ist ebenfalls ein wichtiger Eckpfeiler unserer Zukunftsstrategie."
Auf dem Jubiläums-Markt genossen die circa 7.000 wechselnden Besucherinnen und Besucher an 48 Ständen ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm mit Live-Musik, DJ und weiteren Acts. Auch die beiden Senatoren, Frau Franziska Giffey (Wirtschaft) und Herr Stefan Evers (Finanzen) waren zu Gast, eröffneten das Fest und sicherten dem Fruchthof auch in Zukunft die notwendige politische Unterstützung zu.
Fruchthof der Zukunft: Urban Farming am bestehenden Standort?
Neben dem klassischen Handel mit Obst und Gemüse steht das Management des Fruchthofs auch neuen Konzepten offen gegenüber. So gibt es bereits seit einigen Jahren Unternehmen, die Manufakturen (u.a. mit Fresh-Cut-Erzeugnissen) auf dem Großmarktgelände betreiben. "Ich glaube persönlich, dass sich das Wachstum im Bereich Convenience weiter fortsetzen wird und auch, dass neue Themen, wie beispielsweise eine KI-gestützte, urbane Lebensmittelproduktion künftig an Bedeutung gewinnen werden und die kommenden zwei Jahrzehnte grundlegend prägen könnte. Für diesen Fall hoffe ich, dass es dem Fruchthof gelingt geeignete Partner zu finden, die diese Konzepte vor Ort in die Tat umsetzen wollen, sodass die Produktion sowie der Vertrieb an einem Standort stattfinden können. Grundvoraussetzung zur Verwirklichung solcher Konzepte wären einerseits eine entsprechende Absatzstruktur, andererseits aber auch die Verfügbarkeit von Fachkräften. Letzteres wäre hier in Berlin mit mehreren Universitäten und zahlreichen Wissenschaftlern durchaus kein Problem."
Die Idee, einen neuen modernen Großmarkt in Berlin auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel zu bauen, haben die Fruchthof-Genossenschaft und die übrigen Unternehmen des Großmarkts inzwischen beiseitegelegt, wie Doerwald erklärt. "Wir sind mit dem Senat übereingekommen, dieses Grundstück weiterzuentwickeln. Das wird dann zwar nicht der modernste Großmarkt Europas sein, wie einst geplant, aber immerhin steht uns dann aber ein Standort zur Verfügung, der auch in den nächsten 30-40 Jahren funktionieren wird." Geplant sei nun eine umfassende Restrukturierung des gesamten Großmarktgeländes (330.000qm) an der Beusselstraße, von dem der Fruchthof knapp ein Drittel (90.000qm) umfasst. Der Baubeginn sei ab 2028 geplant und wird insgesamt rund zehn Jahre beanspruchen. "Eine intelligente Anordnung der Gebäude und Verkehrswege ist ausschlaggebend, um die Potenziale, die meines Erachtens vorhanden sind, weiter auszuschöpfen", führt Doerwald weiter aus.
Berliner Händler beim Großmarktbesuch von FreshPlaza.de im Februar 2023.
Digitalisierung im Kampf gegen Personalmangel
Der zunehmende Personalmangel schwebt wie ein Damoklesschwert über den Geschäften, sowohl bei den klassischen Großhandelskunden als auch bei den Großmarktbetrieben selbst. "Beispielsweise haben viele Gastrobetriebe ihre Öffnungszeiten gezwungenermaßen reduzieren müssen, weil sie zu wenig Personal haben. Gleichzeitig macht sich der Personalmangel auch bei den Großmarktbetrieben selbst, allen voran in der Logistik und Kommissionierung, bemerkbar, was wiederum auch den unattraktiven Arbeitszeiten geschuldet sein könnte." Doerwald zufolge sei eine verstärkte Fokussierung auf digitale Lösungen unumgänglich, um die vorhandenen Arbeitskräfte bestmöglich zu unterstützen und Kräfte zu bündeln. "Unsere Aufgabe ist es daher zunächst, die Hallen mit schnellem Glasfaser-Internet auszustatten und unseren Marktfirmen somit die Möglichkeit zur Nutzung digitaler Lösungstools zur digitalen Bezahlung zu bieten. Ob sie diese Systeme dann auch in der Praxis verwenden wollen, ist natürlich am Ende deren Entscheidung."
Bilder: FRUCHTHOF BERLIN
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Nils Doerwald
FRUCHTHOF BERLIN
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