Die wirtschaftliche Situation der Volkswagen AG und die Pläne zur Verlagerung von Produktionsstandorten ins Ausland werfen ein alarmierendes Licht auf die Gesamtlage der deutschen Industrie. Der BLV-pro e.V., vertreten durch seine Vorstandsmitglieder, fordert dringende Maßnahmen der Bundesregierung, um den Standort Deutschland zu stärken, Arbeitsplätze zu sichern und die drohende Abwanderung der Industrie ins Ausland zu verhindern.
Volkswagen in der Krise: Ein Weckruf für die Politik
Konstantin Popov, Vorstandsvorsitzender des BLV-pro e.V., sagt dazu: "Volkswagen steckt in einer existenziellen Krise. Unsere Automobilindustrie, die Schlagader unserer Wirtschaft, wird durch politische Fehlentscheidungen und eine sich verschlechternde Standortqualität enorm geschwächt. Natürlich verfolgt Volkswagen als Unternehmen wirtschaftliche Interessen, aber diese Verlagerung ist ein Symptom für eine größere Misere. Hohe Energiekosten, steigende Lohnkosten, sinkende Arbeitsmoral und eine Unternehmensbesteuerung, die kaum noch internationale Konkurrenzfähigkeit zulässt, sind keine neuen Probleme. Doch die Rahmenbedingungen, die seit 2021 von der Bundesregierung geschaffen wurden, wirken wie ein Brandbeschleuniger für die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland."
"Seit Jahren beobachten wir steigende Insolvenzen, nicht nur in der Automobilindustrie, sondern quer durch alle Branchen: Bauwirtschaft, Transport und Logistik, Maschinenbau und viele weitere. Eine Werksschließung von VW hätte fatale Auswirkungen, nicht nur für die Mitarbeiter vor Ort, sondern auch für die gesamte Zulieferindustrie und das regionale Umfeld. Der Dominoeffekt, den solche Schließungen nach sich ziehen, trifft Logistikunternehmen, Zulieferbetriebe, Hotels, Gastronomie und viele weitere Unternehmen in der Region. Ganze Städte und Gemeinden stehen vor dem wirtschaftlichen Abgrund, wenn wir weiterhin zusehen", fährt Popov fort.
Auch für die Transportbranche bedeute dies eine massive Bedrohung. Popov: "Ohne regionale Produktionsstätten gibt es weniger Bedarf für Transporte, Lagerungen und Dienstleistungen entlang der Lieferkette – vom Lkw-Fahrer über Disponenten bis hin zu Werkstätten und dem Handel von Ersatzteilen. Dies wird nicht nur zu massiven Entlassungen führen, sondern auch vielen kleinen und mittelständischen Transportunternehmen die Existenzgrundlage entziehen, während große internationale Logistikanbieter freie Kapazitäten auf dem Markt nutzen und die Konkurrenz noch weiter verschärfen."
Volkswagen als Spiegelbild des wirtschaftlichen Verfalls
Thomas Hansche, stellvertretender Vorsitzender des BLV-pro e.V.: "Volkswagen steht sinnbildlich für die deutsche Wirtschaft. Jahrzehntelang galt der Konzern als Pionier und Technologieführer, aber heute sind Zehntausende Arbeitsplätze in Gefahr. Ein offener Markt hat den Großkonzernen enorme Vorteile gebracht, doch der Mittelstand leidet. Mit der fortschreitenden Konzentration wirtschaftlicher Macht in den Händen weniger Großer wird ein fairer Wettbewerb verhindert. Die hohen Energiekosten und die zunehmende Bürokratie beschleunigen den Niedergang der deutschen Wirtschaft. Wir brauchen dringend Rahmenbedingungen, die den Mittelstand und den fairen Wettbewerb fördern. Sonst steuern wir auf ein Deutschland zu, in dem die letzte Wirtschaftskraft das Licht ausschaltet."
Volkswagen, IG Metall und die ethische Verantwortung
Bärbel Karnik, Vorstandsmitglied des BLV-pro e.V.: "Die Bonuszahlungen an VW-Führungskräfte, während die Belegschaft um ihre Existenz bangt, senden ein verheerendes Signal. Diese Vergütungspolitik steht im krassen Gegensatz zur Realität vieler Beschäftigter, die Entlassungen fürchten. Die IG Metall hat sich für eine gerechtere Verteilung der Unternehmensgewinne eingesetzt, doch die Frage bleibt, ob ihre Maßnahmen ausreichen, um den Missständen entgegenzuwirken. Volkswagen muss seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und eine fairere Vergütungspolitik etablieren, die das Vertrauen der Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit zurückgewinnt."
Wir stehen an einem Scheideweg: Die Politik muss handeln und die Interessen der deutschen Industrie und ihrer Arbeitnehmer endlich wieder in den Fokus rücken. Es braucht eine langfristige Lösung und keine kurzfristigen Kompromisse, die das Problem nur aufschieben. Was wir brauchen, sind grundlegende Reformen in der Wirtschafts- und Steuerpolitik, die nicht nur großen Konzernen, sondern vor allem dem Mittelstand eine Perspektive bieten. Deutschland muss wieder ein attraktiver Standort für produzierendes Gewerbe werden – ansonsten droht uns das Schicksal ganzer 'Geisterstädte', in denen einst florierende Wirtschaftskraft die Region geprägt hat."
Appell an die Politik: Rahmenbedingungen für eine stabile Zukunft schaffen
Frank Grüneberg, Vorstandsmitglied des BLV-pro e.V.: "Die derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland gefährden die Existenz vieler Betriebe und Familien, die hier etwas aufgebaut haben. Ohne einen Kurswechsel und neue Rahmenbedingungen wird Deutschland ein düsteres Kapitel erleben. Rund 80 Prozent aller Güter werden per Lkw transportiert. Ein Zusammenbruch der Lieferketten, wie wir ihn in der Corona-Krise erlebten, hätte nicht nur auf Deutschland, sondern auch auf die globale Wirtschaft gravierende Auswirkungen."
Der BLV-pro e.V. fordert die Politik auf, die Wirtschaftspolitik neu auszurichten, Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige und zukunftssichere Industrie in Deutschland zu schaffen und Anreize für Unternehmen zu bieten, um die Abwanderung von Produktion und Wertschöpfung ins Ausland zu verhindern. Die Sicherung der industriellen Basis und des Mittelstands sei für die wirtschaftliche Stabilität Deutschlands und die Zukunft seiner Beschäftigten unverzichtbar.
Weitere Informationen:
www.blv-pro.de